Unsere 4jährige Tochter war sehr, sehr traurig nach dem Verlust von Bessy. So suchte mein Mann in den Zeitungsanzeigen Anfang 1999 nach einem Hundewelpen. Mir hatte er davon nichts gesagt. Vermutlich hatte ihn die ganze Zeit im Unterbewußtsein ein schlechtes Gewissen geplagt, obwohl ihm nie jemand die Schuld für Bessys Unfall gegeben hat.
Einen Sonntagmorgen sagte er, er würde mit unserer Tochter mal eine Spritztour mit dem Auto machen. Nach etwa 2 Stunden bekam ich einen Anruf von den Beiden. Unsere Tochter war am Telefon ganz fröhlich und glücklich und schwärmte: Mama, hier ist ein ganz toller süsser kleiner Hund, dürfen wir den mitbringen???
Das war ja eigentlich gemein. Wie hätte ich da Nein sagen können? Andererseits wollte ich ja auch gerne wieder einen Hund haben, hätte aber noch damit gewartet, bis unser Sohn etwas älter als 6 Monate gewesen wäre. Ich sagte natürlich JA und so kam Emmy in unser Haus.
Etwa ein halbes Jahr später fuhren wir in den Schwarzwald um Urlaub zu machen. In der Nachbarschaft war ein ausgewachsener Bernersennen Hund. Mit dem hat sie sich „getroffen“ und wild gespielt. Dann folgte ein Schrei und es kam zurück ein humpelnder kleiner Labbi. Wir zum Tierarzt. Und der hatte offensichtlich einen sehr schlechten Tag oder er war einfach nur böse, denn er sagte uns nach einem Blick auf das angefertigte Röntgenbild, das würde nicht wieder, wir sollten sie besser einschläfern lassen. Wir sollten uns das überlegen.
Wir waren echt geschockt. Das ging ja gar nicht. Grade erst den anderen Hund verloren. Wir haben sie dann nicht einschläfern lassen, ihr mehr Ruhe gegeben und auf sie aufgepasst, bis das Humpeln vorbei war. Und was soll ich sagen: sie ist fast 15 Jahre alt geworden und hatte in der ganzen Zeit keine Probleme mehr mit dem Bein. Gut, dass wir nicht immer auf das hören, was andere sagen.
Im Laufe der Zeit stellte sich auch noch heraus, dass der Zwinger, von dem wir sie hatten, von einem sogenannten Vermehrer „betrieben“ wurde. Damals haben wir noch nicht gewußt, wie manche Leute ticken, wie sie mit Lebewesen umgehen und wie schlecht sie sind – und auf was man achten sollte, wenn man einen Welpen kauft. Im Internet haben wir dann mal recherchiert, ob Wurfgeschwister zu finden sind. Die haben wir nicht gefunden, aber viel Schlechtes über diesen Züchter war zu lesen und andere Welpen, die Krank waren und früh eingeschläfert werden mussten.
Nun, wir hatten Glück. Emmy war ein so toller, schlauer Hund, die eine tolle Freundin für unsere Kinder war. Ausserdem war sie mit großem Beschützerinstikt für unsere Tochter gesegnet.
Da gibt es z.B die Geschichte, als wir im Europapark in Rust waren. Unsere Tochter ca. 6 Jahre wollte gern beim Kinderschminken geschminkt werden. Als die fremde Frau das Kind plötzlich hoch nahm, um sie auf einen Hocker zu setzen, explodierte unsere ansonsten so souveräne und gelassene Emmy, verbellte die Frau und war fast nicht mehr zu beruhigen. Wir waren überrascht aber schlussendlich hocherfreut, dass Emmy so reagiert, solchen Beschützerinstinkt hatte.
Im Alter von etwa 3 Jahren wollte unser Sohn liebend gerne „Fruchtzwerge“ aus dem Kühlschrank haben. Dummerweise jedoch ein paar Zentimeter zu klein um soweit hoch zu langen – aber nicht auf den Kopf gefallen. Er brachte Emmy bis vor den Kühlschrank, liess sie sich dort hinlegen, kletterte auf sie und kam dadurch an die ersehnten Minijoghurts. Der Hund blieb liegen und liess sich das gefallen. Ein weiteres Hobby der Beiden war Legospielen. Emmy wurde vor das Sofa gelegt, er setzte sich auf den Hund und spielte dann auf dem Sofa wie auf einem Tisch mit seinen Legosteinen.
Ende 2006 holten wir eine zweite Labradorhündin hinzu. Ein Hund oder zwei – was macht das schon?
Lilly
Die Jahre vergingen, die Hunde wurden älter. Und einmal, als mein Mann mit den Hunden unterwegs war, hat er Emmy unterwegs verloren. Man musste auf Spaziergängen schon länger auf sie warten und nach Emmys Tempo gehen, denn sie schnüffelte gerne und lange an allen Ecken und Sträuchern. Hierbei hat sie sich in unübersichtlichem Gelände irgendwie „verschnüffelt“ und den Anschluß verpasst – und war nicht wieder zu finden. Daraufhin ist die ganze Familie los und durch den Wald und nach dem Hund gesucht. Ohne Ergebnis. Dann haben wir gedacht, sie kennt sich ja aus, sie kommt schon wieder nach Hause. Trotzdem immer wieder Ausschau gehalten.
Nach einer Weile kam ein Anruf – an ihrem Halsband hing unsere Rufnummer – von einem Jäger aus der Nähe. Er hatte sie auf der Straße laufend gefunden, in sein Auto gepackt und zuhause in einen Käfig buxiert. Da konnten wir den klar überglücklichen Hund dann komplett unbeschadet abholen. Seit dem Moment haben wir sie nicht mehr von der Leine gelassen.
Emmy, treue Seele bis zum letzten Atemzug – am 04.07.13
Als klar war, dass unsere alte Dame ihre Kräfte verlor, die Beine unter ihr auf den Fliesen im Haus wegrutschten, sie es nicht mehr schaffte ihre Geschäfte bis nach draussen zu erledigen und ihr dies sichtbar sehr unangenehm war, mussten wir den schlimmen letzten Gang mit mir gehen und sie erlösen. Für mich das Erstemal, ein Leben zu beenden. (Mal abgesehen von Spinnen, Zecken, Ameisen, Fliegen und anderen Insekten, zu denen ich ein echt gestörtes Verhältnis habe).
Natürlich hat der Tierarzt die Spritze gegeben, die dann schlußendlich ihr Herz hat stehen lassen. Aber dennoch bin ich die jenige gewesen, die das Tier dort hin gebracht hat. Sie folgte mir brav, wie immer, ohne zu Wissen, dass ich sie in den Tod bringen würde. Das Gefühl war das Schlimmste – ein Vertrauensmissbrauch einem mir anvertrauten Lebewesen gegenüber. Mein Herz hat es dann auch fast zerrissen, als sie ihren letzten Atemzug machte.
Zu meinem Glück hatten wir Lilly schon. Sie war beim Einschläfern dabei, weil ich gelesen hatte, Rudelmitglieder verstehen, wenn ein Mitglied des Rudels stirbt und nehmen das als gegeben hin. Was sie jedoch nicht verstehen ist, wenn ein Mitglied plötzlich nicht mehr da ist.
Sie wuselte in dem Raum ständig umher, den ganzen Gerüchen beim Tierarzt nach, aber als dann das Herz von Emmy aufgehört hat zu schlagen, hielt sie inne, kam kurz an den Tisch, auf dem Emmy lag -und das wars.
Wie gerne würde ich genauer wissen, was in den Tieren vorgeht und müsste nicht etwas hinein interpretieren. Z.B.: Da sie im „Hier und Jetzt“ leben, nehmen sie diese Dinge auch genau so hin, akzeptieren es, weil es natürlich ist und zum Leben dazu gehört.
Ich bin mit Lilly direkt vom Tierarzt in den Wald gefahren, dann etwas 1 Stunde gegangen und dabei am Stück geheult. Danach ging es mir etwas besser, aber jetzt wo ich dies Schreibe, schiessen mir doch wieder die Tränen in die Augen.