Dolomiten – Ski- und …

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Foto stammt von der Alpenüberquerung 2016, nicht aus den Dolomiten

Ostern 2006. Dolomiten! Sellaronda! Wie geil! Was für ein Panorama! Ich war total begeistert. Eine Woche in den Osterferien mit einem Ski-extrem-fahrenden Päarchen – bis dato ohne Kinder – und unseren beiden Zwergen.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich kein Ski fahre? Ich habs mal in St. Anton probiert in einer Skischule, aber meine Angst war größer als der Wunsch, auf irgendwelchen Hütten an den Abfahrten einzukehren. Seien sie auch noch so toll!

Nina war im Fortgeschrittenen Kurs der Skischule gut aufgehoben und Max im Nicht-mehr-ganz-blutige-anfänger-Kurs. Mein Mann fuhr mit dem Päarchen und ich zockelte irgendwann Vormittags mit der Gondel auf die Mittelstation, setzte mich dort vor der Hütte in die Sonne, las mein Buch, trank Capuccino und wartete darauf, dass die Skischule zu Ende war. Dann kam mein Mann dazu, wir aßen eine Kleinigkeit, er fuhr Nachmittags mit den Kids und ich begab mich mit Gondel oder zu Fuß zurück ins Hotel. Eigentlich war alles ok. Bis zu dem Moment, in dem mein Mann vorschlug, doch einmal oben auf der Hütte XYZ zusammen zu Essen. Ich wollte nicht, aber er überredete mich. Ich könnte seine Stöcke haben und dann könnte ich schon dahin gehen.

Ja. Wenn er das sagt…

Also wurde für den nächsten Tag genau dieses geplant. Die Kinder wurden um die Mittagszeit von der Skischule an der Mittelstation abgegeben und wir machten uns auf zum 3er Sessellift, der uns weiter nach oben bringen sollte.

Ich fahre nicht nur kein Ski, ich fahre auch nicht wirklich gerne Sessellift. Und hier musste ich alleine fahren, da er auf die Kids aufpassen sollte. Die drei also in den Lift und ab dafür nach oben. Weg waren sie.

Ich hatte meinen Rucksack auf dem Rücken und da wenig Betrieb war, hatte ich einen 3er Sessel-Lift für mich alleine. Ich stellte mich also nach Anweisung hin, der Sessel kam und ehe ich richtig bemerken konnte, dass ich gar nicht richtig sass, sondern der Rucksack auf meinem Rücken mich dazu zwang, ganz vorne auf diesem wackeligen Dingen zu sitzen, befand ich mich schon in der Luft und der Boden unter mir entfernte sich immer mehr…
Blöderweise hatte ich in dieser höchst überflüssigen blöder-Rucksack-auf-dem-Rücken Aktion total versäumt, den Bügel des Sessels vor mir runter zuziehen. Oh Shit!
Nun war zwischen mir im Sessel ohne Bügel, und den Tannenwipfeln unter mir so viel Platz, dass ich es nicht wagte, auch nur eine Hand von den Stangen des Sessellifts neben und hinter mir zu nehmen, da ich einen Sturz aus dem Sessel in dieser Höhe sicherlich nicht überlebt hätte.

Da diese Fahrt gar kein Ende nahm war, meine Kräfte immer mehr nach ließen und mein nahes Ende für mich immer greifbarer wurde, dachte ich darüber nach, dass ich so eigentlich nicht sterben wollte. So nicht und jetzt auch noch nicht. Und ich packte mich nochmal fester.

Tatsächlich kam ich irgendwann oben lebend an. Alle sahen mich entgeistert an, fragten, warum ich den Bügel nicht runtergemacht hätte… das wäre ja ganz schön leichtsinnig… Ich hatte keine Kraft zu antworten, ich hätte sofort losgeheult. Aber so dauerte es noch gut geschätzte 15 Minuten bis es aus einem ganz anderen Grund zu meinem Heulkrampf kam.

Wir gingen, bzw. rutschten zu einer Stelle, von der man ins Tal hinab sehen konnte. Gaaaaanz weit unten war eine Hütte. Und zu dieser Hütte sollte ich jetzt gehen. Ich sah meinen Mann an und hoffte, er hätte einen Witz gemacht. War aber sein voller Ernst. Ich fragte ihn, ob er evtl. mal gesehen hätte, dass die Piste hier total steil wäre.. da würde ich ja noch nicht mal im Sommer mit erstklassigem Schuhzeug an den Füßen eine Teerstraße mit diesem Neigungswinkel runtergehen.. und jetzt solle ich hier auf Schnee und Eis…???

Er meinte, ich bekäme auch seine Stöcke.. hahaha… Dann meinte er, ich solle mich auf seine Skier hinten drauf stellen und mit ihm fahren. Da er ein wirklich guter Fahrer ist, war mir das noch die sicherste Lösung des Problems gewesen. Er fuhr also im Pflug langsam den ersten Hügel runter…

Vielleicht muss man sich das mal bildlich vorstellen, in welchem Winkel die Skier hinten auseinander gingen, um die Bremskraft des Pfluges bei unserem Gewicht überhaupt nutzen zu können. Ich stand hinten drauf sozusagen im Spagat…. was so gar kein Problem gewesen wäre, würde ich Spagat beherrschen.. aber so tat es eigentlich nur weh.

Das hätte ich nie bis zur Hütte durchgehalten und ich nötigte meinen Mann, anzuhalten. Ich stieg ab. Dann sahen wir links unten, weit ab von der richtigen Piste einen Art Loipe, bzw. einen Spur, die ein Skifahrer gezogen hatte. Die führte fast geradewegs zu der Hütte. Das war meine Rettung. Hatte ich gedacht.

Ich also diesen Hügel runter zu dieser „Loipe“. Mein Mann und die Kinder waren inzwischen gefahren, denn das hier konnte ich eigentlich überschauen und mich auch nicht „verlaufen“.

Ich stiefelte los auf dieser Loipe und es schien, als würde alles gut. Aber dann: nach Schritt drei versank ich bis zur Hüfte im Tiefschnee. Ich erschrak. Eine Gletscherspalte? Irgendwas gefährliches??!! Nee, konnte ja nicht sein. Nachdem ich mich frei gekämpft hatte, der nächste Schritt. Alles gut. Doch schon der übernächste lies mich wieder ganz tief versinken. Mir schwante schreckliches. Und tatsächlich. jeder zweite, spätestens dritte Schritt lies mich bis zur Hüfte im Schnee verschwinden.

Da flossen dann die Tränen. Ich konnte sie nicht aufhalten. Es war echt zuviel für mich. Und bei jedem Schritt mit tiefer Landung dachte ich: ich lasse mich scheiden. ich hasse ihn. ich lasse mich scheiden. warum immer ich. ich lasse mich scheiden. so nicht. ich hasse ihn. ich lasse mich scheiden. Etwa 30 Minuten kämpfte ich mich dadurch, bis ich an der Hütte ankam.

Ich kann in solchen Situation überhaupt nicht darüber lachen. Weder über den Umstand, über meine Blödheit, über meinen Mann oder sonst irgendwas.

Erst mindestens einen Tag später, wenn alles gut ausgegangen ist, nichts mehr weh tut und mir alles wie aus einem Film vorkommt. Dann bleibt es als lustige Anekdote aus dem Urlaub in Erinnerung.

Und die restlichen Tage hab ich selbstredend maximal wieder die Mittelstation aufgesucht und in der Sonne mein Buch weiter gelesen.